Gundermann

Der angenehm würzig riechende Gundermann, dessen kriechende Ausläufer den Rasen durchwuchern und den feucht kühlen Boden unter Hecken und Zäunen sowie alten Mauern besiedelt, birgt so manch interessantes Geheimnis in sich.  Er ist ein wahrer Menschenfreund. Der sich wie Holunder oder die Brennnessel mit Vorliebe in der Nähe von Haus und Hof breitmacht, galt er doch den Kelten, Germanen und Slawen als heilig. Unter seinen dunkelgrün glänzenden, herb- balsamisch duftenden Blättern halten sich gern die Heinzelmännchen auf. ;-) Als Zeichen der Verbundenheit mit der beseelten Natur band man sich an besonderen Festtagen, wenn die Geister und Götter näher treten als üblich, Kränzlein aus Gundermann ins Haar. Ein solches Gewinde zur rechten Zeit getragen, etwa beim  Sommersonnenwendfeuer, macht sensibel und hellsichtig. Trägt man dies zur Walpurgisnacht (30.April) dann wird man sämtliche Hexen in Stadt und Land erkennen.

Eine sächsische Sage erzählt von einer Dienstmagd, die genau das tat. Am Sonntag nach Walpurgis wand sie sich einen Gundermannkranz ins Haar und begab sich in die Kirche. Zu ihren Erstaunen sah sie, wie viele Nachbarinnen, ja sogar ihre eigene Herrin auf Besen und Ofengabeln aus der Kirche geritten kamen. Doch die Teufelsbräute, die auf gar keinen Fall erkannt werden wollten, sahen das arme Mädchen mit dem Kranz im Haar. Sie fielen über sie her und schlugen es so heftig, dass es am nächsten Tag starb.

Wir mögen über solche Ammenmärchen schmunzeln, aber vielleicht sind wir nur durch unsere naturentfremdete Lebensweise derart abgestumpft, dass wir nicht einmal mehr mit Hilfe des Gundermannkränzleins die zarten Spuren des „andersweltlichen“ , die anderen Dimensionen unserer Welt  wahrnehmen.

Selbstverständlich hatte auch Hildegard von Bingen (1098-1179) mit den alten Heidengöttern nichts mehr im Sinn. Dennoch hat die hellsichtige, weise Frau im Nonnengewand den alten Kräutern der Heiden wieder zu Ehren verholfen. Am Anfang der christlichen Missionierung waren sämtliche Heilpflanzen verboten worden, sofern sie nicht in der Bibel standen. 

Die Verehrung, die Hildegard der Gundelrebe zugesteht, ist nicht verfehlt. Wir haben in diesen „lästigen Unkraut“ tatsächlich eine große Heilerin vor uns. Aufgrund der Saponine (Schleimstoffe) und der ätherischen Öle, die das Kraut enthält, wirkt Gundermann schleimlösend. Angezeigt ist die Heilpflanze bei verschleimter Lunge, Bronchitis, Schnupfen, Rachenkatarrh, Schleimhautentzündung sowie bei Ohrenklingen, das durch Schleimansammlungen im Mittelohr entsteht.

Ein schöner Zauberspruch für das wichtigste der Zauberkräuter möchte ich euch nicht vorenthalten.

Guntreben ich breche dich zu unserer lieben Frauen Ehr und zur Ehr unseres lieben Herrn Jesus Christ.“

Und bevor ich es vor lauter Geschichte vergesse zu erwähnen:  Für das erste Bier welches gebraut wurde, wurden neben anderen Heilkräuter (Löwenzahn, Dost, Schafgarbe, Wermut, Mädesüß, Gamander)und auch der Gundermann als wichtigstes Kräutlein genannt. Und natürlich hatte der Gundermann überall seine Namen weg. Gartenhopfen (siebenbürgen) , Erdhopfen, Gill vom französischen guiller (Bier fermentieren)

Das Gundermannbier war bei den Engländern so beliebt, das sie ihre Bierschenken als Gill-Houses benannten.

Der Hopfen, der unserem heutigen Bier seinen Geschmack verleiht, wurde erst viel später als die anderen Kräuter zum Bier brauen verwendet. Die Antike kannte Hopfen nur als Gemüse! Hopfenspargel sind die jungen Maitriebe des Hopfens.

Die Mönche jedoch die ständig mit Sinneslust und Geilheit zu kämpfen hatten, und trotzdem gern zechten,  entdeckten das der Hopfen den sexuellen Trieb beruhigte. Also ließen sie die alten Kräuter beiseite und bauten Hopfen an.

In England war der Zusatz von Hopfen bis weit ins 14.Jahrhundert verboten! „Des sey ein böses Kraut, das den Geschmack des Bieres verdirbt und die Menschen krank macht und ihr Leben verkürzt“.

Da die Kirche aber große Macht hatte zu dieser Zeit, entstand 1516 das „Reinheitsgebot“ für das Bier. Damit verschwanden alle althergebrachten Bierkräuter aus dem Volkstrunk, so auch der gute Gundermann. Da es aber in einigen Dörfern früher üblich war, auch "fragwürdige" Kräuter wie Bilsenkraut (sparsam dosiert verursacht es Halluzinationen, in größerer Dosis giftig) zu verwenden, gilt das Reinheitsgebot geschichtlich betrachtet als das 1.Drogengesetz Europas!

Seit dieser Zeit müssen halt auch die Bierliebenden Männer damit leben, das so freche Witze wie folgender im Umlauf sind.

"Bier enthält weibliche Hormone! Warum?? Na nach dem 2.Bier darfst du nicht mehr Autofahren und dusslig reden tust du auch noch!"

 

ACHTUNG!! Gundermann ist für Tiere giftig!!

 

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